XIII
Während im Großen Saal von Faidefeste ein Festbankett stattfand, rief Lord Faide dem in der Nähe sitzenden Hein Huss fröhlich zu: »Und nun, Oberster Unglücksbringer, wollen wir auf Ihren Novizen trinken, den müßigen und doch so einfallsreichen Sam Salazar.«
»Hier ist er, Lord Faide. Steh auf, Sam Salazar, und erfreue dich an der Ehre, die man dir erweist!«
Sam Salazar erhob sich und neigte den Kopf.
Lord Faide reichte ihm einen Becher. »Trink, Sam Salazar, trink und vergnüge dich. Ich gestehe offen ein, daß wir alle unser Leben deinen so närrisch anmutenden Experimenten zu verdanken haben. Wir sind dir zu großem Dank verpflichtet. Ich hoffe nur, daß du dich jetzt von jenen Nichtigkeiten abwendest, dich an die Arbeit machst und dir Mühe gibst, zu einem anständigen Unglücksbringer zu werden. Ich verspreche dir schon jetzt, daß du nach dem Abschluß deiner Ausbildung eine lebenslange Anstellung hier in Faidefeste finden wirst.«
»Vielen Dank«, erwiderte Sam Salazar zurückhaltend. »Allerdings bezweifle ich, ob ich jemals zu einem Unglücksbringer werden kann.«
»Ach? Hast du andere Pläne?«
Sam Salazar suchte nach den richtigen Worten für eine Antwort, lief rot an, straffte seine Gestalt und sprach so ruhig und deutlich, wie er konnte. »Ich würde mich auch weiterhin lieber mit den Dingen befassen, die Sie als Nichtigkeiten bezeichneten. Und ich hoffe, ich kann andere Leute dazu bringen, meinem Beispiel zu folgen.«
»Narrendinge haben immer einen gewissen Reiz«, sagte Lord Faide. »Bestimmt hast du keine Schwierigkeiten damit, andere Müßiggänger und Faulpelze zu finden, ausgerissene Bauern jungen zum Beispiel.«
»Die Beschäftigung mit Narrendingen könnte sich als eine sehr ernsthafte Angelegenheit erweisen«, entgegnete Sam Salazar mit fester Stimme. »Zweifellos waren unsere Ahnen Barbaren. Sie benutzten Symbole, um Entitäten zu kontrollieren, die sie nicht verstanden. Wir gehen heute methodisch und rational vor. Warum sollte es nicht möglich sein, die Wunder unserer Vorfahren zu systematisieren und ihre Grundlagen zu begreifen?«
»Nun, warum nicht?« fragte Lord Faide. »Weiß jemand eine Antwort darauf?«
Niemand ergriff das Wort. Doch Isak Comandore zischte etwas und schüttelte den Kopf.
»Vielleicht werde ich persönlich niemals dazu in der Lage sein, Wunder zu bewirken«, fuhr Sam Salazar fort. »Ich glaube, so etwas ist weitaus schwieriger, als es zunächst den Anschein haben mag. Andererseits hoffe ich, daß Sie mir die Zusammenstellung einer Arbeitsgruppe erlauben, so daß ich bei meinen weiteren Experimenten auf Hilfe zurückgreifen kann. Ich darf hinzufügen, daß ich in dieser Hinsicht bereits die Unterstützung des Obersten Unglücksbringers Hein Huss genieße.«
Lord Faide hob seinen Kelch. »Nun gut, Novize Sam Salazar. Heute abend verweigere ich dir nichts. Du sollst genau das bekommen, um was du bittest, und ich wünsche dir viel Glück. Vielleicht schaffst du es, noch zu meinen Lebzeiten ein Wunder zu bewirken.«
»Was für ein trauriger Tag«, wandte sich Isak Comandore krächzend an Hein Huss. »Wir erleben gerade den Anfang von intellektueller Anarchie, den Niedergang der Unheilskunst, die Perversion von Logik. Neuheiten weisen die Tendenz auf, das Interesse der Jugend zu erwecken. Ich kann mir schon jetzt vorstellen, wie die anderen Novizen unserer Zunft aufgeregt miteinander zu flüstern beginnen. Die Unglücksbringer der Zukunft dürften kaum mehr sein als Scharlatane. Wie wollen sie die Beschwörung von Dämonen bewerkstelligen? Mit kleinen Zahnrädern, Hebeln und Tasten? Und was ist mit den Behexungen? Bestimmt halten sie es für einfacher, einen Feind mit der Axt zu erschlagen.«
»Die Zeiten ändern sich«, erwiderte Hein Huss. »Es gibt nur noch eine Herrschaft auf Pangborn, die des Faide-Clans, und deshalb brauchen die Festen unsere Dienste nicht mehr. Vielleicht schließe ich mich der Arbeitsgruppe Sam Salazars an.«
»Sie zeichnen ein deprimierendes Bild von der Zukunft«, sagte Isak Comandore voller Abscheu.
»Die Zukunft hält viele Möglichkeiten bereit, und manche davon finden nicht unseren Gefallen.«
Lord Faide hob sein Glas. »Auf die beste aller Möglichkeiten, Hein Huss. Wer weiß? Vielleicht beschwört Sam Salazar ein Raumschiff, das uns zu unserem Heimatplaneten zurückbringt.«
»Wer weiß?« entgegnete Hein Huss und griff nach seinem Becher. »Auf die beste aller Möglichkeiten!«
Originaltitel: »The Miracle Workers « Copyright © 1958 by Street & Smith Publications, Inc. (in »Astounding Science Fiction«, Juli 1958) Deutsche Übersetzung von Andreas Brandhorst